Leben mit dem Locked-In-Syndrom

Vier Lebensentwürfe von Anama Kristin Fronhoff.

Das Locked-In- Syndrom ist eine Erkrankung, die den Patienten von einen Moment zum anderen trifft. Von daher ist es klar, dass ein Locked-In-Betroffener eine lange Zeit ( meist mehrere Jahre) für sich braucht, um die Veränderung und das neue Leben zu akzeptieren. Mit Sicherheit ist es hilfreich, wenn man nicht allein da steht, sondern sich einer Gruppe von anderen Betroffenen anschliesst, auch um Informationen über Neuerungen zu erfahren. Schon der Besuch auf dieser Website ist ein Schritt auf diesem Weg.
www.locked-in-syndrom.org
Unser Ratschlag kann es nur sein, so früh wie möglich und so intensiv wie möglich mit der Therapie (Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie) anzufangen. Dabei ist uns schon klar, dass die Realisierung dieses Ratschlages nicht immer nur einfach ist, sei es aus Kostengründen, aus mangelndem Wissen oder aus Personalmangel. Jeder Betroffene sollte sich darüber klar sein, dass er ein Leben lang Therapien machen muss und zwar regelmässig. Das erfordert natürlich eine Menge Disziplin, vielleicht kann man es als seine neue Arbeit ansehen, zur der man jeden Tag hingehen muss. Ein weiterer Punkt ist die Überlegung, wie man zukünftig ( nach der Entlassung aus der Klinik) leben möchte. Da stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Man sollte sich individuell überlegen, welche man für sich wählt. Verschiedene Lebensformen sind denkbar:

  1. Versorgung durch Angehörige oder nahestehende Personen ohne zusätzliche Inanspruchnahme eines Pflegedienstes
  2. Versorgung durch Angehörige oder nahestehende Personen mit zusätzlicher Inanspruchnahme eines Pflegedienstes
  3. Persönliche Assistenz (die Assistenten ersetzen quasi Arme und Beine des Betroffenen)
  4. Heimunterbringung
Im Folgenden werden einige Aspekte, die bei den unterschiedlichen Lebensformen zu bedenken sind angesprochen.

Verschiedene Lebensformen

Zu 1 :
  • Kostengünstig
  • Die Pflegenden sind nahestehende Personen. Daraus ergibt sich einerseits ein bekanntes Umfeld,
    andererseits kommt es schnell zu einer Überforderung, was sich unter anderem in aggressivem Verhalten
    gegenüber dem Betroffenen auswirken kann.
  • Unprofessionelle Versorgung
  • Abhängigkeit von den nahestehenden Personen.
    Bei dieser Lebensform muss man sich genau überlegen, ob die Angehörigen oder nahestehende Personen den hohen Pflegeaufwand eines Locked-In-Patienten wirklich auf Dauer leisten können, aus psychischer und physischer Sicht. Schlechtes Gewissen und Angst sind schlechte Therapiebegleiter.

Zu 2 :
  • Der Pflegedienst muss bezahlt werden
  • Eine teilweise Entlastung der nahestehenden Personen wird gewährleistet
  • Professionelle Versorgung
  • Relative Abhängigkeit von den nahestehenden Personen
  • Anleitung der nahestehenden Personen durch den Pflegedienst

Zu 3 : Anama und mit Assistenz
  • Hohe Kosten
  • Die Assistenten haben keine spezifische Berufsausbildung, arbeiten meist neben dem Studium. Daraus ergibt sich, dass es Assistenten sind, die meist zwischen 20 und 30 Jahren alt sind, diese Tätigkeit zeitlich begrenzt machen, ein Anbieter wie das DRK die Assistenzvermittlung vorrangig in Studentenstädten möglich machen kann.
  • Unprofessionelle Versorgung, Anleitung individuell nach den Bedürfnissen des Betroffenen.
  • Keine emotionale Verpflichtung,
    d.h.: Wahrscheinlich wird sich kaum ein Assistent moralisch so verpflichtet fühlen, über seine Grenzen zu gehen, was erst bei einer nahestehenden Person der Fall sein könnte.
  • Unabhängigkeit des Betroffenen von nahestehenden Personen, da sie nicht in die Pflege involviert sind.
  • Um Personalengpässe kümmert sich in den meisten Fällen der Betroffene selber, manchmal der Anbieter.

Zu 4 :
  • Relativ hohe Kosten
  • In den meisten Fällen keine individuelle Betreuung, sondern eine "Satt und Sauber"-Pflege.
  • Professionelle Versorgung (sollte zumindest so sein)
  • Um Personalengpässe kümmert sich der Träger des Heimes.


Zusammen mit dem Sozialdienst der Klinik sollte man sich genau überlegen, wie eine dauerhafte Unterbringung aussehen könnte und wie diese zu finanzieren wäre.